Steckbrief „Reiterhof Lüneburger Heide“ oder
wie ich meinen Gewinn „Reiterreisebericht 2010“ einlöste

 

Als mich im Frühjahr ein Schreiben von Pferd und Reiter mit der Mitteilung „Herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Reiterreiseberichtes 2010“ erreicht, war ich zuerst baff und dann riesig erfreut. Lange habe ich überlegt, ob ich diese lange Reise in die Lüneburger Heide für ein Wochenende antreten soll. Immerhin wäre ich über 5 Stunden einfache Strecke unterwegs, dass am Ende 15 Stunden Hin- und Rückfahrt daraus werden, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Meine treue Mitreiterin und Weggefährtin auf all meinen bisherigen Reiterreisen, Rita, begleitete mich auch diesmal in die Lüneburger Heide und im nach hinein bin ich sehr froh darüber, wäre dort sonst sehr allein gewesen, denn andere Mitreiter gab es zu diesem Zeitpunkt nicht.

                 

Anreise:
4:25 Uhr aufstehen. M
it der Deutschen Bahn von Mainz - Frankfurt - Hannover - Uelzen - Brockhöfe. Der Zwischenstopp in Uelzen war sehr informativ, da dieser Bahnhof zum schönsten Bahnhof 2009 gekürt wurde. Friedensreich Hundertwasser kämpfte leidenschaftlich für ein Leben in Harmonie mit der Natur. Mit der Umgestaltung des Bahnhofs Uelzen ist ihm das gelungen. Ich bin ganz verzaubert von diesem Kleinod. Wer also einmal in die Nähe von Uelzen kommt, sollte diesen Bahnhof als Umstieg nutzen und bewundern.

 

Wir hatten unsere Abholung vom Bahnhof Brockhöfe vereinbart. Einen bestimmten Treffpunkt muss man nicht ausmachen, der Bahnhof ist sehr übersichtlich, dies wurde mir vorab mitgeteilt. Ein wirklich sehr übersichtlicher Bahnhof in Brockhöfe mit einspurigem Gleis mitten durch den Wald, rechts und links Bäume und Riesenfarne.

Am Bahnhof wartet eine ältere Dame auf uns, geschätztes Alter ca. 80 Jahre. Wie sich herausstellt die Seniorin der Familie Niemann. Sie kutschiert uns sicher bis zum Reiterhof. Unterwegs erfahren wir von ihr, dass à la carte nicht auf dem Hof serviert wird, schließlich sei es doch ein Bauernhof. Wir nehmen es gelassen zur Kenntnis. Gleichzeitig erfahren wir, dass Burghard Niemann leider keine Zeit für uns hat, da er an diesem Wochenende zum Turnier unterwegs ist, aber irgendwie bekommt man das wohl hin. Da gibt es noch Jenny, die ihren Abschluss als Pferdewirtin beendet hat und uns zur Verfügung steht. Und dann gibt es noch die Reiter, die gerade den „Heideritt“ beendet haben. Wir erfahren weiter, dass freitags immer Grillabend ist, „da kommen wir doch gerade richtig“, denk ich mir und vielleicht kommt man ja mit den „Heideritt-Reitern“ in Kontakt und erfährt mehr vom Hof.

Unterkunft: 
Wir beziehen unser Appartement Nr. 3, bestehend aus einem Schlaf-Wohnraum, etwas dürftig eingeric
htet (Bett, Tisch, 2 Sessel), kein Fernseher, kein Radio, Dusche/WC. Nicht gerade schön und gemütlich, aber zweckmäßig. Außerdem sind wir zum Reiten hier, hoffentlich klappt es mit dem Tagesritt, diesen Wunsch hatte ich vorab geäußert und es hieß „alles ist möglich“.

 

Reiterhof:
Eine erste Ortsbesichtigung ergibt, das Gelände um den Hof ist riesig. Große Koppeln mit saftigem Gras - hier lässt man es sich als Pferd (und Mensch) gut gehen. Eine supergroße Reithalle mit Reiterklause, dort wird der täglich frischgebackene Kuchen serviert. Auf dem Hof leben viele Katzen und ein großer, lieber Hund namens …. und natürlich viele Pferde. Die Boxen sind sauber, aber nicht sehr hell.

 

Verpflegung:
Wir hatten Vollverpflegung und das wirklich sehr gute Essen, echte Hausmannskost (u. a. selbstgebackene Pizza), sehr genossen.         
Frühstück: 8 Uhr - 10 Uhr; Mittag: pünktlich 12.30 Uhr; Abendbrot: pünktlich 18 Uhr
Diese „preußisch“ genau Einhalt
ung von Mittag- und Abendesszeiten finde ich persönlich nicht so schön, denn dadurch ist es überhaupt nicht möglich spontane oder länger Ausritte (Tagesritte) zu gestalten.

Reitprogramm:
Unser Wanderreit-Guide ist Jenny und bei einem ersten Gespräch müssen wir uns für den heutigen Tag mit einer Dressurstunde in der Halle zufrieden geben. Den Tag ohne Reiten zu beenden, nein, das wollten wir auf keinen Fall. Schnell stellen wir fest, Jenny hat alle Hände voll zu tun. Pferde versorgen, Reitstunden für die „Dorfjugend“ geben, Gäste betreuen, vor allem Ausritte mit „nervenden“ Stadt-Gästen organisieren.

Reiten wollten wir aber viel, schließlich war unser Anreiseweg lang, vor allem, wenn man mit der Bahn fährt. Eigentlich wollten wir einen Tagesausritt (5 Std. mindestens), sonst wären wir gar nicht erst angereist. Leider war dies trotz Ankündigung und superschönem Wetter nicht möglich.

Freitag:                                1 Dressurstunden im Gruppenunterricht
Samstag:             2 Std. vormittags (10-12 Uhr) Ausritt
+ 1 Std. nachmittags (14 -15 Uhr) Ausritt
Sonntag:             2 Std. vormittags (10-12 Uhr) Ausritt / Abreise 14.00 Uhr


Reitführung:
Wie bereits erwähnt wurde Jenny zu unserer Ansprechpartnerin, wenn es speziell um Ausritte i
n die Heide ging. Leider war ihre Zeit immer sehr knapp bemessen und so wurde aus unserem großen Wunsch nach einem längeren Tagesritt leider nix. Dennoch war Jenny sehr bemüht nach Lösungen zu suchen und so kamen wir in den Genuss auf schnellen Pferden durch die Heide in schnellem Tempo zu galoppieren. Ihre Reitführung ist umsichtig und kompetent. Nach unserem Reittempo fragend „schnelle oder langsame Reiter“, habe ich mich für den Mittelweg entschieden. Jenny hat jedoch schnell erkannt, dass wir nicht mal nur so durch die Heide reiten wollten, sondern gern auch mal etwas schneller und vor allem länger galoppieren möchten.

Das war unser besonderes Highlight an diesem Wochenende. Dafür, dass wir zwar (leider) nicht so lange an reiten konnten, waren die Reitausflüge von schnellem Tempo - sowohl im Trab, als auch im Galopp. Auch die Dauer war enorm lang, sehr lange und schnelle Galoppaden, sehr viel und schnell getrabt und das auf wunderschönen Sandboden. Nicht nur wir hatten enormen Spaß bei diesen Galoppaden, auch Jenny war froh, doch mit uns ein wenig flotter reiten zu dürfen.

Pferde:
Auf dem Hof befinden sich viele Schul- und Privatpferde. Meist Hannoveraner mit manchmal eigenartigen Namen wie z. B. Wooloomooloo. Ich bin Lauresto in der Dressurstunde und Winni beim Ausritt geritten. Rita ist in der Dressurstunde Wolke und beim Ausritt Lauresto geritten.


Im Trab und Galopp sind sie alle gute Sprinter, nur im Schrittgehen unterscheiden sie sich mitunter. Ich war jedenfalls erstaunt über Winni, eine schon etwas ältere „Dame“ von 20 Jahren, die man am Hof als DIE Lebensversicherung beschreibt, entpuppt sich als absolute Trab- und Galoppsprinterin, den 10 Jahre jüngerem Lauresto in nichts nachsteht. Würde Winni jederzeit wieder als Ausrittpferd wählen.

 

Bei einem Ausritt musste Jenny ihr Dressur-Turnier-Pferd Wooloomooloo (Stockmaß 1,85 m) reiten, welches mit seinen 8 Jahren vielleicht 5x in der Heide unterwegs war. So geschah es, dass eine Gruppe Wegelagerer, bestehend aus Reitern und ihren Pferden am Wegesrand pausierten und dieses große „Baby“ um nichts auf der Welt weiterlaufen wollte. Auch die anderen Pferde(Lauresto und Arco) trauten sich nicht, also musste Winni voran und das tat sie ohne zu zögern, während wir riefen „Winni, Winni…“. So also wird man zum Reitführer und für mich hieß es die Gruppe anzuführen, anzutraben, anzugaloppieren. Dabei erhielt ich hinter mir die Anweisungen von Jenny „schneller“ oder auch „langsamer“. War ganz witzig und wir haben viel gelacht und am Hof angekommen sind wir natürlich auch wieder.

Zu den Pferden muss ich allerdings erwähnen, dass fast alle Satteldruck hatten, einige auch beidseits. Und das, obwohl unter dem Sattel eine sogenannte „Bundeswehrdecke“ gelegt wurde. Jedes Pferd hat seinen eigenen Putzsack. Die Sattelkammer macht einen ordentlichen Eindruck und auch Sattel und Zaumzeug befinden sich in ordentlichem Zustand.

 

Fazit:
Was hat mir besonders gefallen:
Lange, vielfache  und schnelle Trab- /Galoppstrecken auf sehr schönen Sandboden

Was hat mir nicht so gefallen:
Leider kein Tagesritt, obwohl gewünscht.
Strenge Sitzordnung beim Essen, keine Platzwahl.
Unterkunft „A“ ist nicht komfortable und gemütlich eingerichtet


Persönliches Fazit:
So schön die kurzen Ausritte in der Heide auch waren, und Jenny hat sich hier wirklich viel Mühe gegeben, die Ausritte für uns zum Erlebnis werden zu lassen, aber ich werde wohl ein Leben lang ein Trail-Fan bleiben. Ein Trail ist etwas ganz besonderes, bei dem ich viele Stunden im Sattel sitze, mit „meinem“ Pferd die Natur gemeinsam durchstreifen und erfühlen kann, durch Wald und über Wiesen galoppieren – was mich sprichwörtlich zum „Wald und Wiesen-Reiter“ werden lässt, ja, das ist meine Welt.

Wer nur ein wenig reiten, vielleicht eine Dressur- und Springstunde nehmen möchte, der ist auf dem Reiterhof Niemann gut aufgehoben. Das Personal auf dem Hof ist ausgesprochen nett und höflich, auch wenn die Seniorin strengstens darauf achtet, dass niemand die Räumlichkeiten mit Turnschuhen betritt.
Die manchmal strenge Sitzordnung der Stammgäste bzw. noch nicht angereisten Stammgäste hat mich schon genervt.

Doch jetzt bereite ich mich auf meinem nächsten Trail nach Chile vor.